In der Welt der Gesundheit und Ernährung gibt es viele bekannte Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe oder Omega-3-Fettsäuren, die oft im Fokus stehen. Doch manchmal sind es die weniger beachteten Bausteine des Körpers, die eine entscheidende Rolle spielen – wie zum Beispiel Glycin, die einfachste Aminosäure. Man hört vielleicht selten von Glycin, doch es ist an zahlreichen wichtigen Prozessen im Körper beteiligt: Es unterstützt den Schlaf, fördert die Haut- und Gelenkgesundheit, trägt zur Entgiftung bei und hilft, den Körper vor oxidativem Stress zu schützen.
Aber warum ist Glycin so wichtig, und wie kann man es gezielt für die eigene Gesundheit nutzen? Kann man es über die Ernährung aufnehmen, oder sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll? In diesem Artikel erfährt man, welche Funktionen Glycin im Körper übernimmt, warum es so vielseitig einsetzbar ist und wie man es im Alltag integrieren kann, um Körper und Geist zu unterstützen.
Was ist Glycin?
Glycin ist eine der einfachsten Aminosäuren und hat viele wichtige Funktionen im Körper. Hier sind die wesentlichen Punkte:
- Glycin ist eine der 20 proteinogenen Aminosäuren, aus denen alle Proteine im Körper aufgebaut sind.
- Formel: NH2CH2COOHNH_2CH_2COOHNH2CH2COOH
- Glycin ist die kleinste und einfachste Aminosäure. Ihre Seitenkette besteht nur aus einem Wasserstoffatom, was sie einzigartig macht.
- Glycin ist die einzige Aminosäure, die achiral ist, d. h., sie besitzt keine spiegelbildliche Form wie andere Aminosäuren.
Wirkung
Die Wirkung der Aminosäure Glycin ist vielfältig. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Wirkungen auf verschiedene Bereiche und Vorgänge im menschlichen Körper.
Schlaf
Glycin hat mehrere positive Wirkungen auf den Schlaf und wird häufig als natürliche Unterstützung für besseren Schlaf genutzt. Hier sind die wichtigsten Punkte:
- Verbesserung der Schlafqualität: Glycin wirkt beruhigend auf das zentrale Nervensystem und fördert dadurch einen tieferen und erholsameren Schlaf. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die Glycin einnehmen, eine bessere Schlafqualität empfinden, auch wenn sie nicht länger schlafen.
- Schnelleres Einschlafen: Glycin kann helfen, schneller einzuschlafen. Es reduziert das „Überdrehtsein“ des Gehirns und fördert die Entspannung, indem es die Aktivität erregender Neurotransmitter hemmt.
- Senkung der Körpertemperatur: Glycin kann die Körperkerntemperatur leicht absenken, was eine wichtige Rolle beim Einschlafen spielt. Ein Absinken der Körpertemperatur signalisiert dem Körper, dass es Zeit ist, sich auf den Schlaf vorzubereiten. Dies kann besonders nützlich für Menschen sein, die Schwierigkeiten beim Einschlafen haben.
- Stressabbau: Glycin kann den Cortisolspiegel (Stresshormon) senken und dadurch eine beruhigende Wirkung entfalten. Weniger Stress vor dem Schlafengehen trägt dazu bei, dass man besser zur Ruhe kommt.
Die typische Dosierung für Schlafunterstützung liegt bei 3 bis 5 Gramm Glycin, etwa 30–60 Minuten vor dem Schlafengehen.
Psyche
Glycin hat mehrere positive Wirkungen auf die Psyche und das zentrale Nervensystem, da es als Neurotransmitter im Gehirn fungiert. Es beeinflusst psychische Prozesse auf vielfältige Weise, insbesondere durch seine beruhigende, ausgleichende und schützende Wirkung.
- Stressabbau: Glycin wirkt als hemmender Neurotransmitter und reduziert übermäßige neuronale Aktivität, die bei Stress, Angstzuständen oder Überreizung auftritt. Es kann den Cortisolspiegel (das Stresshormon) senken und so eine beruhigende Wirkung auf die Psyche entfalten. Diese Wirkung hilft, sich nach stressigen oder emotional belastenden Situationen schneller zu entspannen.
- Verbesserung von Angst: Studien legen nahe, dass Glycin Angstzustände lindern kann, da es über seine Wirkung auf die NMDA-Rezeptoren im Gehirn die Balance zwischen Erregung und Hemmung wiederherstellt. Es wird vermutet, dass Glycin eine Rolle bei der Behandlung von Angststörungen spielen könnte, besonders in Kombination mit anderen Maßnahmen oder Therapien.
- Linderung von Depressionen: Obwohl Glycin allein keine Behandlung für Depression ist, könnte es durch die Regulierung von Glutamat (einem erregenden Neurotransmitter) und die Aktivierung der NMDA-Rezeptoren indirekt positive Effekte auf depressive Symptome haben. Glycin wird in der Forschung als möglicher Wirkstoff in Kombination mit anderen Substanzen untersucht, um eine übermäßige neuronale Erregung bei Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) zu regulieren.
- Kognitive Leistung: Glycin hilft bei der Regulation der kognitiven Leistungsfähigkeit, einschließlich Gedächtnis, Lernen und Konzentration. Studien zeigen, dass Glycin positive Effekte auf die Funktion der präfrontalen Hirnrinde haben könnte, die für Entscheidungen und Impulskontrolle wichtig ist. Es kann auch bei psychischen Zuständen wie ADHS unterstützend wirken.
- Schutz vor neurodegenerativen Erkrankungen: Glycin hat antioxidative Eigenschaften, da es Teil von Glutathion ist, einem der stärksten Antioxidantien im Körper. Dies schützt das Gehirn vor oxidativem Stress, der mit psychischen und neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. Alzheimer oder Parkinson) assoziiert wird. Es könnte eine schützende Rolle gegen den geistigen Abbau spielen, der oft mit chronischen psychischen Belastungen oder Alterung einhergeht.
Haut, Haare & Nägel
Glycin spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit von Haut und Haaren, da es ein zentraler Baustein für Proteine und andere Verbindungen ist, die die Struktur und Funktion von Haut und Haaren unterstützen.
Kollagen ist das wichtigste Strukturprotein in Haut, Haaren und Nägeln, und Glycin macht etwa ein Drittel des Kollagens aus. Glycin hilft dabei, Kollagen zu synthetisieren, das für die Festigkeit, Elastizität und Feuchtigkeit der Haut verantwortlich ist. Eine erhöhte Kollagenproduktion unterstützt:
- Anti-Aging-Effekte: Straffere Haut mit weniger Falten.
- Bessere Wundheilung: Glycin beschleunigt die Regeneration beschädigter Hautgewebe.
- Reduktion von Cellulite: Kollagen fördert die Hautstruktur und kann das Erscheinungsbild von Dellen und Unebenheiten verbessern.
Entgiftung
Glycin spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung im Körper, da es an mehreren entscheidenden Prozessen beteiligt ist, die schädliche Substanzen neutralisieren und eliminieren.
Glutathion-Synthese
Glycin ist ein zentraler Baustein von Glutathion, einem der stärksten Antioxidantien im Körper. Glutathion spielt eine Schlüsselrolle bei der Entgiftung, da es:
- Schwermetalle (z. B. Quecksilber, Blei) bindet und aus dem Körper entfernt.
- Freie Radikale neutralisiert, die Zellen und Gewebe schädigen können.
- Toxine in der Leber abbaut, z. B. chemische Substanzen, Medikamente oder Alkohol.
Ohne ausreichendes Glycin kann die Glutathionproduktion eingeschränkt sein, was die Entgiftungsfähigkeit des Körpers verringert.
Konjugation in der Leber
Glycin ist direkt an der Phase-II-Entgiftung in der Leber beteiligt, insbesondere an der sogenannten Glycin-Konjugation. In dieser Phase bindet Glycin an toxische Substanzen (z. B. Benzosäure oder toxische Abbauprodukte von Arzneimitteln) und macht sie wasserlöslich. Diese wasserlöslichen Verbindungen können dann leichter über die Nieren ausgeschieden werden.
Die Glycin-Konjugation ist besonders wichtig, wenn die Kapazität anderer Entgiftungswege (z. B. Sulfat- oder Glucuronid-Konjugation) erschöpft ist.
Blutdruck
Glycin hat potenziell positive Wirkungen auf den Blutdruck, da es verschiedene Mechanismen im Körper beeinflusst, die zur Regulierung des Blutdrucks beitragen.
Vasodilatation (Gefäßerweiterung):
- Glycin kann die Blutgefäße entspannen und erweitern, was den Blutdruck senkt. Es tut dies, indem es den Einfluss von Stickstoffmonoxid (NO) im Körper fördert, das ein wichtiger Faktor für die Gefäßweite ist.
- Die Erweiterung der Blutgefäße reduziert den Widerstand, gegen den das Herz pumpen muss, und senkt dadurch den Blutdruck.
Insulinempfindlichkeit
- Glycin verbessert die Insulinsensitivität, was wichtig ist, da Insulinresistenz mit Bluthochdruck assoziiert wird. Durch die Verbesserung des Zuckerstoffwechsels trägt Glycin dazu bei, den Blutdruck indirekt zu regulieren.
- Dies ist besonders relevant für Menschen mit Metabolischem Syndrom oder Diabetes, bei denen Bluthochdruck häufig auftritt.
Quellen
Glycin ist in vielen Lebensmitteln enthalten, insbesondere in solchen, die reich an Proteinen sind. Hier sind die besten natürlichen Quellen für Glycin in der Ernährung:
1. Gelatine und Knochenbrühe
Gelatine ist eine der reichsten Quellen von Glycin, da sie aus Kollagen hergestellt wird, das etwa ein Drittel Glycin enthält. Knochenbrühe (gekocht aus Tierknochen, Knorpeln und Bindegewebe) ist besonders reich an Glycin und anderen Aminosäuren. Gelatine kann in Desserts, Suppen oder Smoothies verwendet werden, während Knochenbrühe pur getrunken oder als Basis für Suppen und Eintöpfe genutzt werden kann.
Fleisch
Glycin ist in tierischen Proteinen enthalten, vor allem in Bindegewebe und fettreichen Fleischteilen.
- Besonders reichhaltig:
- Hühnerhaut
- Rinderbrust
- Schweinefleisch (besonders Schweineschwarten und fettreiche Teile)
- Innereien wie Leber und Herz.
Fleischgerichte mit viel Bindegewebe wie Schmorgerichte oder langsam gekochte Eintöpfe sind ideal.
Fisch und Meeresfrüchte
Fischhaut und Knorpel enthalten besonders viel Glycin. Auch Fischfilet und andere Meeresfrüchte wie Garnelen tragen dazu bei, Glycin in der Ernährung aufzunehmen. Besonders Fischsuppen oder -eintöpfe, die Haut und Gräten enthalten, sind eine gute Quelle.
Eier
Eier enthalten moderate Mengen an Glycin, insbesondere im Eiweiß. Eier können vielseitig verwendet werden, z. B. gekocht, als Omelette oder in Backwaren.
Milchprodukte
Käse, Joghurt und Milch enthalten Glycin, allerdings in geringeren Mengen als Fleisch oder Fisch. Als Ergänzung zu einer ausgewogenen Ernährung.
Hülsenfrüchte
Pflanzliche Quellen enthalten zwar weniger Glycin als tierische, aber Hülsenfrüchte wie Sojabohnen, Linsen, Kichererbsen und Erbsen tragen zur Glycinaufnahme bei. In Suppen, Eintöpfen oder als Beilage.
Nüsse und Samen
Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Sesam und Walnüsse enthalten geringe Mengen Glycin. Snack, Topping für Salate oder Zutat in Backwaren.
8. Proteinreiche Pflanzen
Quinoa, Amaranth und andere proteinreiche Getreidesorten enthalten ebenfalls Glycin, wenn auch in geringeren Mengen als tierische Produkte. Als Beilage oder in Salaten.
Supplementierung
Wenn du Glycin als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen möchtest, gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, damit die Einnahme effektiv und sicher ist.
Dosierung
Empfohlene Dosierung: 3–5 Gramm pro Tag.
- Für die Schlafunterstützung: 3 Gramm etwa 30–60 Minuten vor dem Schlafengehen.
- Für allgemeine gesundheitliche Vorteile (z. B. Haut, Haare, Gelenke, Blutdruck): 3–5 Gramm, aufgeteilt über den Tag oder auf einmal.
Höhere Dosierungen: In manchen Fällen, wie bei spezifischen Gesundheitszielen (z. B. Unterstützung der Wundheilung oder bei entzündlichen Erkrankungen), können höhere Dosierungen von bis zu 10 Gramm pro Tag verwendet werden. Dies sollte aber immer mit einem Arzt abgesprochen werden.
Zeitpunkt
- Vor dem Schlafen: Glycin wird oft abends eingenommen, da es beruhigend wirkt und den Schlaf fördert.
- Nach den Mahlzeiten: Glycin kann zu den Mahlzeiten eingenommen werden, um die Verdauung zu unterstützen (es hat eine leicht basische Wirkung).
- Nach dem Training: Glycin kann die Muskelregeneration fördern und die Produktion von Kreatin unterstützen.
Kombination mit anderen Supplements
Glycin entfaltet seine Wirkung besonders gut in Kombination mit anderen Nährstoffen:
- Magnesium: Fördert die Entspannung und ergänzt die Wirkung von Glycin auf den Schlaf.
- Kollagenhydrolysat: Glycin ist ein Hauptbestandteil von Kollagen und ergänzt sich perfekt mit Prolin und Hydroxyprolin für Haut, Haare, Gelenke und Nägel.
- Vitamin C: Unterstützt die Kollagensynthese und verstärkt die Wirkung von Glycin auf die Haut und Gelenke.
- Glutathion: Glycin ist ein Bestandteil von Glutathion, einem starken Antioxidans. Für eine bessere Wirkung auf antioxidativen Schutz kann die gleichzeitige Einnahme von Glutamin und Cystein hilfreich sein.
Pulver vs Kapseln
Ein kurzer Überblick, ob eine zusätzliche Einnahme über Pulver oder Kapseln mehr Sinn macht.
Pulver
- Pulver ist die beliebteste Form, da es leicht dosierbar ist und sich in Wasser, Saft oder Tee auflösen lässt.
- Glycin hat einen süßlichen Geschmack, was es angenehm macht, in Getränke gemischt zu werden. Anwendung: 1 Teelöffel entspricht etwa 3–4 Gramm.
Kapseln/Tabletten
- Praktisch für unterwegs.
- Eine Kapsel enthält in der Regel zwischen 500 mg und 1000 mg Glycin.
Produktempfehlung
Nebenwirkungen
Glycin gilt im Allgemeinen als sicher und wird von den meisten Menschen gut vertragen. Nebenwirkungen treten selten auf, können jedoch bei sehr hohen Dosierungen oder bei bestimmten gesundheitlichen Bedingungen auftreten. Glycin ist ein natürlich vorkommendes Molekül im Körper und gilt auch bei langfristiger Einnahme in typischen Dosierungen (3–5 Gramm pro Tag) als sicher. Nebenwirkungen treten meist nur bei sehr hohen Dosen (über 10 Gramm täglich) oder bei Personen mit spezifischen gesundheitlichen Problemen auf.
Zusammenfassung
Glycin ist eine essentielle, nicht-essentielle Aminosäure, die viele wichtige Funktionen im Körper erfüllt. Es wirkt beruhigend auf das zentrale Nervensystem, verbessert den Schlaf und hilft bei der Stressbewältigung. Glycin fördert die Kollagenproduktion, was Haut, Haare, Gelenke und Knochen stärkt, und unterstützt die Entgiftung, indem es die Glutathion-Synthese und die Leberfunktion anregt. Es kann den Blutdruck senken, oxidativen Stress reduzieren und die Insulinsensitivität verbessern. Glycin ist gut verträglich, wobei Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden oder Schläfrigkeit meist nur bei hohen Dosierungen auftreten. Es kommt in proteinreichen Lebensmitteln wie Gelatine, Fleisch, Fisch und Knochenbrühe vor oder kann in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (3–5 g täglich) eingenommen werden.